Plünderungen im Mai 1945
Über seine Erinnerungen an das Tietz schrieb T. Geier: Es war Anfang Mai 1945. Die Alliierten verharrten in Siegmar-Schönau. Wir, als Kinder suchten irgend etwas in den Ruinen in Gablenz, als uns die Nachricht erreichte: „ Im Tietz wird geplündert!“ Mir war das unverständlich, da ich wusste, dass das Tietz ausgebrannt ist. Aber die Aussage bezog sich auf die Kellerräume. Wir mussten uns beeilen, denn es wäre schon fast alles ausgeräumt. So zog ich mit noch einem Jungen los. Die Straßenmitten waren im Mai 1945 schon wieder provisorisch freigeräumt und die Trümmer auf die Fußwege verfrachtet. Um die Tietz-Ruine bewegten sich scheu einzelne, mit Rucksäcken und Taschen ausgestattete, Erwachsene. Wir beobachteten, dass Leute aus einem Luftschutzkellerausstieg in der Poststraße (heute: Bahnhofstraße) Ecke Wiesenstraße kamen. Wir zögerten nicht lange und stiegen einfach ein. Nach wenigen Schritten standen wir in der totalen Finsternis. Spätestens hier wurde uns bewusst, dass wir vollkommen „unausgerüstet“ waren. Aus den unsichtbaren Kellergängen hörten wir das Ratzen von Dynamotaschenlampen. Es tauchten wandelnde Gestalten mit Kerzenlicht auf. So schlossen wir uns den unterschiedlichen „Lichtträgern“ an und durchstreiften die Kellergänge. Die Plünderung war offensichtlich schon abgeschlossen. Man trug noch Luftschutzgeräte, wie Schaufeln, Hacken, Einreißhaken, Eimer usw. davon. Wir gelangten in einen Raum voller Nägel, besonders auf dem Fußboden. Aber an „praktischen“ Nägeln war nichts mehr vorhanden. Nur viele Päckchen mit kleinen Aluminium-Täcksen lagerten hier. Ich nahm einige Päckchen mit. Unterwegs fanden wir auch noch Scheuerhader. Ansonsten war schon alles ausgeräumt. So schummelten wir uns von Irrlicht zu Irrlicht. Plötzlich befanden wir uns an einer Treppe! Wir stiegen ganz normal nach oben und standen am Kellerausgang in der Durchfahrt zum Lieferhof an der Poststraße. Unsere „Plünderung“ war damit beendet. Ein kleiner Restbestand von Alu-Täcksen hat bei mir bis heute die Zeit überdauert. Diese Alu-Täckse hatte ich für Bastlerarbeiten verwendet, den Großteil aber als Tauschartikel mit anderen Bastlern genutzt.
E. Richter schrieb folgende Begebenheit: Es war im Frühsommer 1945, die Amerikaner waren noch in unserer Stadt. Ich war acht Jahre und mein Vater nahm mich mit in die zerbombte Innenstadt. Dort musste ich mit anderen Kindern an einem Kellerfenster an der Seite der Wiesenstraße warten. Mein Vater und sicher andere Väter waren in den Kellerräumen des Hauses und bedienten (plünderten) Kleidungsstücke und Schuhe aus den in den Kelleräumen untergebrachten Marinelagers der Wehrmacht. Mir wurde ein Schuh herausgeworfen, um ihn zu probieren. So kam ich zu neuen Turnschuhen aus echtem Leder, Es waren so genannte Decksschuhe. Während der Wartezeit spaßten wir Kinder mit den Ami´s, die in ihrem Jeep´s auf der Straße standen und uns Schokolade und Kaugummi gaben. Wenn ich das jetzt schreibe, habe ich wieder den eigenartigen, aber für mich gut riechenden Geruch des Ami-Benzins der Jeep´s in der Nase. In den späteren Jahren gingen wir dann in das Erwa einkaufen.
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